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Mühle De Valk

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Wenn man in die Niederlande reist, dann muss man sich wenigstens eine der über 1000 Windmühlen mal anschauen. Das haben wir auch getan und haben die Mühle de Valk (Der Falke), eine Turmmühle aus dem Jahr 1743 in Leiden besucht.

1743 erteilte der Stadtrat die Genehmigung zum Bau einer noch höheren Turmmühle. Die heutige Mühle war der Nachfolger einer Holzmühle, die 1667 errichtet wurde. Die neue, steinerne Mühle musste zwei Familien beherbergen und hoch genug sein, um die umliegenden Häuser zu überragen und genügend Wind abzubekommen. Der Bau dauerte gerade mal drei Monate. Die Mühle hatte nicht weniger als vier Mühlsteine, was eine beträchtliche Kapazität ergab. Aufgrund der Entvölkerung von Leiden und der Einführung motorisierter Mahlanlagen gerieten die Mühlen Ende des 19. Jahrhunderts in eine zunehmend gefährdete Lage, als viele abgebaut wurden. De Valk produzierte jedoch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein weiterhin Mehl, obwohl die Mühle in den letzten Jahren nicht mehr mit Windkraft betrieben wurde.

Im Erdgeschoss und im Anbau befanden sich die Küchen, Wohnräume und der Stall der beiden Häuser. Die Schlafräume befanden sich im ersten und zweiten Stock, während der dritte als Lagerraum diente. Die Mühlentätigkeiten fanden in den Räumen vom vierten Stock (14 Meter) bis zur Spitze der Mühle (29 Meter) statt.

Im Jahr 1869 wurde die Mühle, nach zahlreichen Besitzerwechseln in den Jahren zuvor, von Pieter van Rhijn (1848-1889) gekauft, einem Nachkommen einer bedeutenden Müllerfamilie in Südholland. Die Wohnhäuser in der Mühle wurden zu einem großen Haus umgebaut, dessen Inneneinrichtung erhalten geblieben ist und noch heute besichtigt werden kann.

Über der Spüle in der Küche sind Delfter Keramikfliesen aus dem 18. Jahrhundert mit Bildern von Kinderspielen und anderen Dingen zu sehen. Außerdem gibt es einen alten Holz-/Kohleofen.

Im Wohnzimmer finden sich viele Familienporträts und Bilder von Mühlen und Familienwappen. Dies zeugt vom Interesse des letzten Müllers an der Genealogie. Auch die Wände des Salons oder Grünen Zimmers sind hauptsächlich mit Familienporträts geschmückt. Dieses Zimmer wurde nur an Sonn- und Feiertagen genutzt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Mühlenunternehmen war das Geschäft von De Valk so erfolgreich, dass das Getreide oft nachts gemahlen werden musste, um die Nachfrage der Kunden zu befriedigen.
Nach dem Tod von Pieter van Rhijn führte seine Witwe Jacobina Aleyda Schippers (1848-1932) das Geschäft weiter, zunächst mit einigen Arbeitern und später mit ihrem Sohn Willem. Außer Willem gab es noch vier weitere Kinder – Clasina, Bartha Johanna, Joannes und Elisabeth Mariane.

Am 12. Mai 1940 wurde die De Valk-Mühle vom niederländischen Militär als Beobachtungsposten eingerichtet, doch die Kapitulation erfolgte nur zwei Tage später. Die Mühle wurde während der vorangegangenen Kriegshandlungen aus der Luft beschossen, was Einschusslöcher in der Kappe und in den Wänden hinterließ.

Nach der Kapitulation musste die Mühle wieder Getreide für die Einheimischen und die Besatzungsmächte mahlen und es wurden strenge Kontrollen durchgeführt. Weizenmehl war bald nur noch als Ration erhältlich und wurde nach 1943 so knapp, dass Roggen und Weizen gemischt werden mussten.
Im sogenannten Hungerwinter 1944/45 hatten viele Menschen ihren eigenen begrenzten Vorrat an (illegalem) Getreide gemahlen, was die Deutschen ignorierten. Dies wurde übrigens nicht durch Wind angetrieben, sondern durch elektrisch angetriebene Mühlsteine.
Auch für den Widerstand wurde illegal gemahlen und alle erbeuteten Vorräte wurden in der Mühle versteckt. In dieser Zeit, in der auch Brennstoff knapp war, wurden fast alle Holzteile (Schwanzstange, Stützen, Galerie usw.) abgebaut und zum Befeuern der Öfen verwendet.

Nach dem Krieg war die Mühle in einem beklagenswerten Zustand, doch glücklicherweise erkannte der Gemeinderat ihre kulturhistorische Bedeutung und finanzierte 1947 eine gründliche Restaurierung. Mit Ausnahme von Willem van Rhijn und seinen beiden Schwestern mussten alle Menschen, die im Laufe der Jahre in der Mühle gewohnt hatten, sie schließlich wegen Brandgefahr verlassen.

Leider habe ich keine Fotos von den oberen Etagen der Mühle gemacht. Ich war so begeistert von der Mühle der Geschichte darüber, das ich vor lauter lesen, dass fotografieren total vergessen habe.

Dieser Beitrag hat 10 Kommentare

  1. mano

    das ist ein beeindruckendes bauwerk! ich weiß gar nicht, ob ich diese bauart schon jemals gesehen habe. wir haben in gifhorn ein ganz tolles mühlenmuseum, wo ich schon des öfteren viele unterschiedliche mühlen besichtigt habe. toll auch, dass man noch sehen kann, wie die familie des müllers dort gelebt hat und besonders gut, dass sie nicht abgerissen, sondern restauriert wurde!
    liebe grüße von mano

    1. Claudia

      Mir hat die Mühle auch sehr gefallen, das alles so eingerichtet war, wie der letzte Müller es verlassen hat. Ich finde es absolut lohnenswert solche Bauwerke zu erhalten. Habe gerade mal nach dem Mühlenmuseum in Gifhorn geschaut, das muss ich mir vormerken, da würde ich liebend gerne mal hin. Danke für den Hinweis.
      Danke dir und liebe Grüße, Claudia

  2. Bienenelfen

    Hach ich liebe sie diese Windmühlen liebe Claudia, so schön dass Ihr sie so genau besichtigen konntet. Wir waren in Utrecht auch in einer gewesen sie war ein Cafe und das hat uns auch so gefallen. Ich liebe es zu sehen wie das früher ausgesehen hat und wie man dort gelebt hat.

    Liebe Grüße
    Kerstin und Helga

    1. Claudia

      Frühere Leben, finde ich auch immer wieder spannend zu sehen und darüber zu hören. Und wenn solche Gebäude nutzen kann, umso schöner.
      Danke euch und liebe Grüße, Claudia

  3. kleiner staudengarten

    Ein spannender Beitrag, liebe Claudia…vor allem in die Vergangenheit abzutauchen bringt jede Menge Informationen und Wissenswertes über die Zeit. Ich hab mir die Mühle schon auf meinem Besuchsplan vermerkt, sollte ich mal dort in der Nähe sein.
    Lieben Gruß von Marita

    1. Claudia

      Danke, liebe Marita. Ein Besuch der Mühle lohnt sich auf jeden Fall. Auch in der Stadt Leiden, gibt es sicherlich einiges zu entdecken. Für uns war leider die Zeit zu kurz, wir hätten gerne noch die Stadt erkundet.
      Liebe Grüße, Claudia

  4. Rosa Henne

    Liebe Claudia,
    ich bin ganz fasziniert von deinem Bericht und von den schönen Bildern der Mühle! Wie schön, dass sie restauriert wurde und wir so in vergangene Zeiten reisen können. Danke dir herzlich fürs Mitnehmen.
    Liebe Grüße
    Ingrid

    1. Claudia

      Finde ich auch, liebe Ingrid.
      Danke dir und viele liebe Grüße,
      Claudia

  5. nina wippsteerts

    So eine große und gut erhaltene Mühle habe ich noch nie besichtigen können! Dass Dich die Geschichte fasziniert hat, glaube ich Dir sofort! sehr bewegt und bewegend! Deine Fotos dazu lassen ein wenig lebendig werden, aber auch wenn Du die Mühlsteine usw nicht mehr abgelichtet hast, den Part kennen sicher viele aus Freilichtmuseen.
    Danke für die geteilte Begeisterung und liebe Grüße
    Nina

    1. Claudia

      Vielen lieben Dank und
      Liebe Grüße, Claudia

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